Sabine Alt

Auf den Spuren von Sabine Alt

Can Lluc und Can March (Cala de Deiá, Mallorca)

Der grobkieselige Strand der Cala de Deiá bietet außer einem kleinen Bootsanleger zwei Trattorien, in denen Wein und Meeresfrüchte bei Sonnenuntergang besonders stimmungsvoll genossen werden können. Can Lluc liegt rechts am Strand und Can March ist links direkt über der Bootsanlege in die Felsen gebaut. Am Abend kommt Piratenfeeling auf.

Gretas Verwandlung, S. 10

Das Brot griff sie sich im Vorbeigehen aus den Körben auf den Tischen des Strandrestaurants - nachdem die Gäste gegangen waren und bevor die Kellnerinnen, glücklicherweise alle von trägem Gemüt, die Speisereste abgeräumt hatten. Die Orangen stahl Greta nachts in den Gärten. Wasser gab es auf jeder Restauranttoilette, und bisher hatte sie das spanische Leitungswasser gut vertragen. Am Abend, wenn in der Strandbar Hochbetrieb herrschte, schlich sie sich mit einer großen Plastikflasche in die Toilette hinter der Küche und füllte einen Vorrat für die Nacht ab.

Ristorante alla Dama Bianca (Duino-Porto 61 c, Italien)

Wundervolles Fischrestaurant am Meer mit direktem Blick auf den kleinen Hafen von Duino. Die Hummertortellini sind ein Gedicht.

Weras Talent, S. 30

Der Mann am anderen Ende der Leitung seufzt. Es klingt ungehalten und belustigt gleichzeitig. Wera zündet sich eine Zigarette an.
"Rauch nicht soviel!"
"Schimpf nicht soviel!"
Er lacht. "Was machst du am Wochenende?"
"Arbeiten."
"So kommst du mir nicht davon. Wenn du unsere Verabredung für heute Abend absagst, ist eine Entschädigung fällig. Wir machen einen Ausflug, wie wäre das? Immer die Adria entlang. Grado, Duino, Miramare, Triest. Wenn das Wetter mitspielt, können wir im Hafen von Duino auf der Terrasse essen. Du erinnerst dich doch an das Fischrestaurant mit den Hummertortellini und den hervorragenden Brassen?"
"Natürlich erinnere ich mich. Aber ich habe am Wochenende keine Zeit."
"Doch, hast du. Für mich schon! Ich möchte dir etwas zeigen, Wera."
"Was denn?"
"Lass dich überraschen."

Feinschmeckeretage im KaDeWe, Berlin

Im März 1907 wurde das KaDeWe eröffnet. Seitdem vollzieht sich täglich dasselbe Ritual, wenn sich um kurz vor 10 Uhr langsam das originale Eisengitter von 1907 senkt und der livrierte Portier die Kunden in Empfang nimmt.

Kira Royale, S. 11f

Offenbar hatten sich einige Witzbolde nachts in das Kaufhaus geschlichen und ein Festmahl in der Feinschmeckeretage abgehalten. Verwirrenderweise hatte man am Morgen aber nicht nur leere Weinflaschen und ausgelöffelte Hummerscheren gefunden, alles angerichtet auf feinstem KPM-Porzellan, versteht sich. Interessant waren vor allem die Dinge, mit denen die Festtafel zusätzlich zu Kerzen und Silber dekoriert war. Es fanden sich nämlich zwei Paar High-heels der wirklich scharfen Sorte sowie einige richtig teure Perlenketten in einem Blumenbouquet. Nebst einer nagelneuen Rolex Oyster. Garniert war das Ganze mit einigen halbleeren Fläschchen Chanel No 5. All diese unbedeutenden Accessoires stammten aus den entsprechenden Abteilungen des Kaufhauses der Weltstadt und waren offenbar nach Gebrauch achtlos in der Feinschmeckeretage zurückgelassen worden.
Richtig bedürftig schienen die Eindringlinge also nicht gewesen zu sein.

Manzini (Ludwigkirchstraße, Wilmersdorf)

Klientel: Schauspieler, Intellektuelle, Kiez-Originale
Kurzportrait: Schmales, langes Bar-Restaurant mit klassisch-französischer Bistro-Küche und entsprechender Einrichtung (rote Lederbänke, Bistro-Tische, Messingstangen, schwere Spiegel). Besonderheiten: drei wunderbare Barmänner/Kellner, schön anzusehen und zu Damenpärchen einfach umwerfend reizend.

Kira Royale, S. 36

Ich stieß die sperrige Pendeltür auf und schob den dicken roten Vorhang zur Seite. Mich empfing die schwer erträgliche Mischung aus Zigarettenqualm und dem eindringlichen Duft der riesigen Bouquets weißer Lilien, die in breiten Silbervasen auf dem Tresen der Bar standen. Während ich mich umsah, strich ich mein kurzes, sehr enges Kleid glatt. Es hatte einen karreeförmigen Ausschnitt, der den idealen Rahmen für meine neue Kette abgab. Natürlich war das Kleid schwarz, ich hatte hier noch nie jemanden gesehen, der sich nicht von Kopf bis Fuß in diese Farbe hüllte. Heute besaßen immerhin zwei der anwesenden Damen den Mut, wenigstens farbige Schuhe zu tragen.
Eine von ihnen war Thekla.

Fai Sushi (Voxstraße 1 (Ecke Alte Potsdamer), 030 25295777, Mitte)

Klientel: Presse, Bundestagsmitarbeiter
Kurzportrait: Wunderbar für den schnellen Mittagstisch in Berlins schneller Mitte geeignet: originell, schmackhaft und mit hervorragendem Preis-Leistungsverhältnis

Kira Royale, S. 24

Die Sushi-Bar in der Alten Potsdamer Straße war ein Schnellrestaurant. Ein ovales Fließband beherrschte den schmalen langen Raum. In der Mitte standen drei Köche mit hohen Mützen und weißen Schürzen um die Hüften. Sie bereiteten vor den Augen der Gäste die Sushi-Häppchen zu. Jeder Koch hatte einen eigenen Tresen aus grobem Holz. Rechts auf den Blöcken standen hohe Stapel von Tellern mit unterschiedlich eingefärbten Rändern. Rot, blau, grün, gelb und schwarz. Auf der linken Seite der Holzklötze lagen die Zutaten: roher Fisch, Algen, Reis, Gurkenstäbchen und natürlich geraspelter Ingwer. Daneben befanden sich in kleinen Kännchen diverse Saucen.
Die Köche arbeiteten von links nach rechts. Hatten sie eines der Häppchen fertig hergerichtet, so stellten sie es auf einen Teller in der für dieses Sushi vorgesehenen Farbe, garnierten das Ganze und schoben den Teller auf das Fließband. Die Gäste saßen außen um das Fließband herum an winzigen Bartischen und bedienten sich, indem sie genau die Häppchen, die ihnen zusagten, vom Band nahmen.
Neben der Eingangstür prangte eine wuchtige Registrierkasse. Hier gaben die Gäste vor dem Verlassen des Lokals ihre leer gegessenen Teller ab. Die Kassiererin hatte nichts weiter zu tun, als für jede Tellerfarbe einen bestimmten Preis einzutippen. Die Liste mit den Tarifen hing übergroß und deutlich sichtbar am Kopfende des Raumes. Ein geniales Konzept.
Die Mischung der Gäste spiegelte wider, was man um die Mittagszeit auch außerhalb des Restaurants auf den Straßen in Berlins neuer Mitte antraf. Vor allem Touristen. Amerikaner mit zu bunten Hemden. Japaner, die entweder sehr teuer oder noch bunter als die Amerikaner angezogen waren. Kichernde Schülerinnen im Zweierpack. Dicke Frauen und schwitzende Männer aus Niederbayern oder dem Schwabenland. Und natürlich Geschäftsleute. Eine dünngehungerte Rothaarige mit schwarzlackierten Fingernägeln. Ihr gegenüber ein Herr im Dreiteiler mit Seidenbinder. Sein Krawattenknoten wirkte außerordentlich potent. Ein Mann in meinem Alter mit Jeans und einem weiten weißen Hemd, das eine Auffrischung unter dem Bügeleisen nötig hatte. Seine hellen Haare fielen ihm wirr aber dekorativ in die Stirn. Dieser hübsche Blonde mit der unbekümmerten Ausstrahlung war Johannes.

Sale e Tabacchi (Kochstraße, im Rudi-Dutschke-Haus)

Klientel: Architekten, Designer, stilbewußte Geschäftsleute, taz-Redakteure
Kurzbeschreibung: Eingerichtet vom Star-Architekten Max Dudler: hallenhoher Würfelraum mit cleanem Chic und edlen Materialien (Kirschholzstühle, schwarzes Leder); geometrisch auch die Innenausstattung (kreisrunde Lampen, quadratische Tische); intimer Innenhof

Kira Royale, S. 125

Warum war ich jetzt hier?
Während ich durch den langen schmalen Barbereich ging, der am Morgen besonders öde und tot wirkte, suchte ich nach einer Antwort auf diese Frage. Als ich den riesigen quadratischen Raum durchquerte, in dem die Speisetische standen, hatte ich sie immer noch nicht gefunden. Der Raum war mindestens fünf Meter hoch und wirkte wie ein gigantischer Kubus, dem eine Seite fehlte, denn die hintere Wand des Raumes war verglast. Ich trat durch eine der weit geöffneten Türen in den Innenhof des Restaurants, und nun wußte ich, warum ich hergekommen war.
Hier war Ruhe. Endlich.
Kein Lennart, kein Jimmy. Kein Herr Aschenbach von der Kundenbetreuung der Deutschen Bank. Kein Götz von Stuck, kein Alwin Schwinger. Keine Bierflaschen und rechten Haken, keine gelben Konzertflügel und pfeifenähnlichen Vorschlaghammer.
Hier war nur Johannes, und der war harmlos. Hier war es still, Spatzen hüpften über die weißgedeckten Frühstückstische, einige Herren führten gedämpfte Unterhaltungen. Der Kellner klapperte leise mit dem Besteck.